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Gay beziehungsprobleme

Wie ticken schwule Männer in Beziehungen?

Nachgefragt bei Eric Hegmann, Verfasser des neuen Buches "Jungs in (Beziehungs-)Kisten".

Von Carsten Weidemann

Anfang April erschien im Bruno Gmünder Verlag das neue Werk "Jungs in (Beziehungs)kisten".

Queer.de sprach mit dem Autor Eric Hegmann über die speziellen Herausforderungen in Partnerschaften zwischen zwei Männern.

Unterscheiden sich schwule Männer in Beziehungsfragen von heterosexuellen?

Die Elemente, die für eine erfüllende und dauerhafte Partnerschaft essenziell sind, unterscheiden sich kaum zwischen Heterosexuellen und Homosexuellen: Zuneigung, Achtung, Arbeit an sich selbst und der Beziehung, der Wunsch, gemeinsam etwas zu erschaffen, sowie ein offener und stetiger Austausch über Probleme.

Allerdings beobachte ich signifikante Differenzen in den Beziehungsmodellen.

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Positiv formuliert ermöglichen fehlende Rollenbilder innovative und unkonventionelle Modelle, negativ formuliert fühlen sich viele schwule Männer in Beziehungsfragen unsicherer, da ihnen Orientierungspunkte fehlen.

Welche Schwierigkeiten erleben schwule Männer am häufigsten, sowohl bei der Partnersuche als auch in bestehenden Beziehungen?

Gestützt auf die Studie "Sexual Agreements" aus dem Jahr 2006 führen 50% aller schwulen Paare eine offene Beziehung.

Dies ist insofern bemerkenswert, als dass schwule Männer, ähnlich wie heterosexuelle Männer, Loyalität (über 80%) als grundlegenden Aspekt für eine gelingende Beziehung erachten. Allerdings geben nur 18% an, an Monogamie in einer schwulen Beziehung zu glauben. Diese Zahlen sind besonders besorgniserregend, da die HIV-Infektionsrate bei Männern in Beziehungen steigt.

Meiner Meinung nach ist es entscheidend, nicht mit vorgefertigten Regeln in eine Partnerschaft zu gehen, sondern diese gemeinsam zu entwickeln, regelmäßig zu hinterfragen und gegebenenfalls anzupassen. Evolutionsbiologisch gesehen ist Treue bei Männern schlichtweg nicht vorgesehen, daher wird dieses Thema in jeder schwulen Beziehung irgendwann zur Sprache kommen.

Was macht Ihr neues Buch "Jungs in (Beziehungs-)kisten" so besonders?

Viele Beziehungsratgeber sind nüchtern und, insbesondere wenn sie aus den USA stammen, fernab von der Lebensrealität eines deutschen Lesers.

In erster Linie sollen die über 30 Geschichten in "Jungs in Beziehungskisten" unterhalten sowie zum Schmunzeln und zum Nachdenken anregen. Diese Erzählungen thematisieren zunächst das Single- und später das Beziehungsleben des Autors. Der eigentliche Ratgeberteil basiert auf aktuellen Erkenntnissen und Forschungsergebnissen aus der Paartherapie.

Mein Ziel ist es, dass "Jungs in Beziehungskisten" sowohl als kurzweilige Lektüre als auch als Ratgeber für schwule Singles und Paare dient.

Können Sie Beziehungsprobleme überhaupt noch überraschen?

Wir sagen oft: "Jeder Mensch ist einzigartig", was im Umkehrschluss bedeutet: "Alle sind anders als ich".

Folglich ist jedes Beziehungsproblem individuell und neuartig, auch wenn es häufig wiederkehrenden Mustern folgt. Überraschungen wird es also immer geben. Durch die zunehmende Bedeutung von Dating- und Community-Plattformen sind in den letzten Jahren jedoch viele Fragen aufgekommen, die sich speziell auf das Medium Internet beziehen.

Zum Beispiel die Kontaktsuche, bei der der ideale Partner (den es nicht gibt) propagiert und erwartet wird, was häufig zu einem Unvermögen zu jeglicher Verbindlichkeit und damit zu erheblichen Bindungsängsten führen kann. Oder ein neuer Aspekt: Paare, die gemeinsam im Internet nach Kontakten suchen. Hier ergeben sich Vertrauensfragen über offene Beziehungsmodelle, die es in dieser Deutlichkeit vorher nicht gab.

Welche Fragen werden Ihnen denn am häufigsten gestellt?

Häufig werde ich mit unrealistischen Erwartungen konfrontiert.

Beispielsweise die, nicht zuletzt durch das Internet verstärkte, Hoffnung auf einen Traumprinzen, der alle Lebensprobleme lösen könnte. Dazu sage ich ganz klar: Kein Partner ist ein "Retter" und kann überzogene Erwartungen erfüllen. Oftmals höre ich: "Ich gerate immer an die Falschen. Warum?" Viele Männer denken, sie könnten sich wie bei einer Online-Dating-Plattform ihren Traummann zusammenstellen, doch das funktioniert nicht.

Zudem mangelt es manchen schwulen Männern und Lesben an Beziehungs-Vorbildern, die ihnen den Beziehungsalltag mit all seinen Vor- und Nachteilen vorleben. Sie wissen oft nicht, wie sie sich in schwierigen Situationen verhalten sollen.

Ein Ausblick in die Zukunft: Wie wird man in 30 Jahren Menschen kennenlernen?

Virtuelle Welten werden unser Leben noch stärker beeinflussen als bisher.

Das birgt sowohl Chancen als auch Risiken. Ich hoffe, dass für die Partnersuche viele Medien und Wege genutzt werden und rate dazu, sich niemals auf eines zu verlassen. Wir dürfen nicht vergessen, wie wirkungsvoll und direkt ein Lächeln ist. Und auch die gute alte U-Bahn und die Büroküche eignen sich nach wie vor für einen Flirt.

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